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SCHREIBEN UND LACKIERTE FINGERNÄGEL – Alessa May

Wie man über Impulskarten zu einer pfiffigen Geschichte kommt.

In unserer letzten „UNSRE RUNDE STUNDE“ setzte ich mir die sportliche Herausforderung, alle der insgesamt 120 PLOT-SHOTS in meinen nächsten Blogartikel einzubauen.
Das Thema „lackierte Fingernägel“ gab ich mir grob vor, und ich war nicht ganz überzeugt davon, dass ich aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Begriffen tatsächlich eine brauchbare Geschichte hinbringen würde.

Das Ergebnis hat mich gesmashed! Lest selbst. Die PLOT-SHOTS – Begriffe, die auf dem Bildschirm aufploppen – habe ich in der Geschichte fett markiert.

Wenn Ihr auch so eine inspirierende Erfahrung machen wollt, dann meldet euch einfach an zu unseren nächsten UNSRE RUNDE STUNDE und seid gespannt, was im Schreibfluss so alles daherkommen kann.

Ich freue mich auf Euch.

Eure Alessa

Schreiben und lackierte Fingernägel

An sich kein Widerspruch. Im Gegenteil.

 

Schreiben und lackierte Fingernägel - Schreibimpulse

Wenn ich mir die Fingernägel lackiert habe, fühle ich mich edel und elegant, hoffe, es färbt auf meinen Schreibfluss ab. Meine Kommunikation wird erhaben, zu der einer Diva im großen Ballsaal.
Ich gebe mich hin, schreibe emsig wie ein kleines Bienchen.
Mein Fleiß kennt keine Grenzen, denn die Deadline lauert im Genick, will mich in ihre Fänge ziehen, verhindern, dass ich in die Fülle meines Seins als Autorin komme. Dass ich die Einsamkeit meines Berufes überwinde, das Leben mich mit der bunten Vielfalt meiner Ideen überflutet.
Ich bleibe dran, bin gewahr, dass es diesmal der ganz große Durchbruch wird.
Ein Gedanke schmerzt und Trauer überkommt mich. Was werde ich tun, wenn ich fertig bin, nicht mehr täglich in den Dialog mit meinen geliebten Charakteren treten kann? Wie immer werde ich mich mit meinem Ego ins Auto setzen und düsen, wohin mein Gusto mich bringt.
Dennoch weiß ich: Nichts bleibt gleich.

Nach dem Schreiben wartet der Free-Fall. Der Sturz ins nichts. Es gibt so etwas, wie einen Schriftsteller-Burnout. Dieser befällt dich, nachdem dir die Wärme des Computerbildschirms entzogen wird. Nachdem der Spirit dich verlässt. Du fühlst dich wie ein Fossil deines eigenen Berufes.
Davon sprechen die abgeblätterten Nagelenden, die stark an ein Gebirge im Morgenrot erinnern.
Auch wenn deine Lektorin einem Mantra gleich predigt: „Du bist gut, du bist stark.“
Du fühlst es nicht. Dein Arm hängt herab wie ein Stück zerknülltes rosa Papier. Dein Motor steht.
Ich will das nicht! 

Ich muss meine Nägel erneuern, sofort!
Schlapp sinke ich zurück auf meinen Stuhl. Alles zu seiner Zeit.

Mit Impulskarten zu interessanten Geschichten.
Impulskarten als Inspritationsgeber

Wie soll ich lernen, mit diesem wiederkehrenden Verlust fertig zu werden? Der Kontostand auf meiner Bank zeigt den Energieausgleich für mein Tun, dennoch ist es nicht die Lösung, die ich ersehne, erhoffe. Ich bin leer, wie die Spitzen meiner Fingernägel. Leer wie ein unbeschriebenes Blatt.
Ich will das nicht! 
Ruckartig stehe ich auf und will ins Bad. Dabei bleibe ich am Schreibtisch hängen und stoße mir das Knie. Es wird eine Beule bleiben. Schmerzverzerrt sehe ich zum Fenster hinaus, wo mein Nachbar gerade seine Geranien zurechtstutzt. Hans stutzt, Sohn Hänschen spielt mit dem Hund.

Ich habe keine Familie. Meine Familie sind meine Bücher. Ich muss handeln und hole meinen Geldbeutel. Ich muss etwas tun. Ein neuer Nagellack wird es richten, muss es! Beim letzten Buch hat es auch funktioniert. Bis ich den Auftrag erhielt für die nächste Folge meiner Buchreihe. In der Zeit dazwischen werde ich zu meinem eigenen Feind. Vermisse den Fluss eines aufregenden Schreibprojekts.
Meine Bücher sind alles für mich. Meine besten Freunde. Meine Fingernägel ein Indikator von Gewinn und Verlust. Meinen Büchern bin ich treu ergeben, liebe sie. Sie sind ehrlich und echt, Blatt für Blatt. Blättern nicht ab, wie die Farbe an meinen Händen.

Es wird abends. Die Sonne ist schon untergegangen. Ich haste zum Auto, brause los, bevor der Drogeriemarkt schließt. Ich liebe die Macht über dieses Gefährt, auch wenn ich mit meiner aufbrausenden Art oft Mühe habe, bei mir zu bleiben.

Auch heute kann ich es nicht lassen und brülle eine junge Frau an, die im Wagen vor mir kopfwippend von der Arbeit nach Hause zuckelt. Hat sie keinen Mann, der sie an der Leine hält? Womöglich muss sie Nagellack kaufen für ein Date. Wer mag der Kerl sein? Ein bulliger Kraftprotz oder ein engelsgleicher Schönling ohne Flügel, dafür mit makellos weißer Weste. Ätzend.

Ich ermahne mich, durchzuhalten. Nur noch ein paar Meter, dann kann ich auf den Parkplatz einbiegen. Sie fährt geradeaus weiter, hat wohl kein Date. Man kann nicht alles haben. Ring und Freiheit. Ich genieße Letzteres aus vollen Zügen. Habe keinen Ärger mit dem Anhang, wenn das Essen nicht pünktlich auf dem Tisch steht. Oder halbvolle Kaffeetassen im Wohnzimmer vor sich hin schimmeln.
Ich habe das Ticket zum Glück gezogen.

Energisch verlasse ich den Wagen und haste in den Laden, um Nagellackentferner und Nagellack zu kaufen. Vor dem leuchtenden Regal mit den unzähligen kleinen Fläschchen kann ich endlich zur Ruhe kommen, besser als in meinem Bett, das ich die letzten Monate nur stundenweise benutzte.

Ich war im Flow. Nun lasse ich den Blick schweifen. Gibt es eine Farbe, die ich noch nie hatte? Ich inhaliere das Aroma von Lack und Parfüm. Es macht mich fitter als der Wecker auf meinem Nachttisch, der seit Jahren dieselbe Uhrzeit anzeigt. Dream on, Mr. Clock.

Die Analogie des Augenblicks packt mich, versetzt mich zurück in die Zeit vor einem Jahr, als ich den letzten Lack kaufte. Himbeerrosa. Ich greife ein Fläschchen. Jemand rempelt mich an.
Na klar. Es ist die Kleine aus dem Wagen.

Was soll das?“, fahre ich sie an. Sie lächelt.
„Tschuldigung“, murmelt sie. „Ich hab ganz vergessen, dass ich heute noch ein Date habe. Können Sie mir eine Farbe empfehlen?

Sie hält mich für eine Angestellte? So Nicht. Von wegen schlamsige Fingernägel.

Das Glück in ihren himmelblauen Augen wirft mich fast um. Ein Glück, das unbezahlbar ist. Die Hoffnung einer Frau, die den Mann ihrer Träume noch nicht verloren hat. Glück ist relativ. Ich hätte es auch gerne, dieses unbedarfte Glück. Aber dieses Mistding hat mich verraten, ganze drei Mal.

Ich zucke die Achseln und blicke auf das Fläschchen mit glutrotem Inhalt in meiner Hand.

„Das ist der Dauberbrenner“, sage ich. „Damit lädt er sie garantiert ein ans Meer.“

Ich drücke es ihr zwischen die weichen Finger und hoffe, dass ich nun meine Ruhe habe. So viel Glück steht nicht auf meinem Plan. Dieses halbe Kind ist eine Urkraft an Penetranz.  Sie holt Luft, um etwas zu sagen. Bevor sie mich nach dem passenden Duft fragen kann, streiche ich die Segel und lasse sie stehen, vergesse, was der eigentliche Grund meines Hierseins ist. Lieber kein weiterer Nagellack. Ich muss einen anderen Weg finden, eine neue Vision bekommen.

Der Online-Scheibtreff mit Inspiration durch Impulsgebung
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Ich glaube fest daran, verlasse den Drogeriemarkt und trete hinaus in die noch laue Spätsommernacht. Ein Berg von Möglichkeiten, die ich nicht sehe, liegt vor mir. Ich könnte ein Glas Wein im „Goldenen Anker“ trinken, aber ich kann nicht hoffen, dort willkommen zu sein. Zu lange habe ich mich in meiner ehemaligen Stammkneipe nicht mehr blicken lassen. Sie würden es als Betrug auffassen, dass ich sie verschmäht habe, so lange. 
Auch wenn über der Theke dort in goldenen Lettern geschrieben steht: Glaube an dich.

Sie würden eine böse Absicht in meinem Fernbleiben erahnen, es mir krummnehmen, dass ich beim letzten Mal Knall auf Fall aus dem Laden gestürmt bin, weil ich eine spontane Eingebung hatte. Dabei war Rosie, die Wirtin, so oft meine Helferin gewesen. Warum also sperre ich mich dagegen, die massive Eichentür aufzudrücken und den vertrauten Duft auf mich wirken zu lassen? Mich in die Arme von Rosis neuem Freund, einem wahren Bären, sinken zu lassen?

An der Tür sehe ich das Plakat einer Ausstellung im Bürgerhaus. Sie heißt „Bestimme du den Weg.

Gibt es ein tragkräftigeres Angebot? Ich atme tief ein und öffne die Tür. Es ist, als wäre ich gestern erst gegangen. Ich gebe mir einen Ruck und trete an den Tresen. Rosie erblickt mich und zuckt mit den Augenbrauen. Ich erinnere mich daran, dass sie beim letzten Mal einen Brief aus lila Papier in der Hand hielt, so lila, wie die große Blume auf dem weißen T-Shirt, das sie heute trägt. Die E-Mail, die sie mir geschrieben hat, habe ich nie gelesen. In der Betreffzeile stand: Trau schau wem.

Ich sehe einen tiefen Schmerz in ihrem Blick und es trifft mich wie ein Blitz.

Ungefragt umrunde ich den Tresen, trete dahinter und nehme sie spontan in den Arm. Sie zittert, lässt dann die Stirn auf meine Schulter sinken. In meinen Adern brennt es wie Feuer, wie ätzende Scham. Ein heikles Gefühl des Versagens lässt meinen Hals brennen. 

Asche auf mein Haupt“, murmle ich in ihre roten Locken, die wirken, als würden sie unter Hochspannung stehen. Sie atmet zitternd aus und macht sich frei.

Ich sehe in ihre braunen Augen, die schwimmen und bin nicht mehr sicher, Herrin meines Gutes zu sein. Sie lässt den Blick über meine Gestalt schweifen, als würde sie den Wert eines Gauls bemessen.

„Wann hat er dich sitzen lassen?“, frage ich.

Sie zuckt mit den Achseln und greift nach einem Geschirrtuch.

„Ein Glas Chardonnay?“, fragt sie.

Ich nicke, unfähig etwas zu sagen aufgrund der Güte, mit der sie unsere Freundschaft behandelt. Sie lässt mich immer sein, wie ich bin, und bin ich noch so treulos.

Ich nehme das Glas entgegen. Sie grinst mich breit an und sagt dann augenzwinkernd:

„Zeit für einen neuen Nagellack!“

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